Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund, Ortsausschuß Herford

Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund, Ortsausschuß Herford

Im August 2025 hat die Stadtbibliothek Hannover zwei Bücher aus dem Eigentum des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbunds (ADGB), Ortssauschuß Herford an die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) zurückgeben. Die Friedrich-Ebert-Stiftung nimmt die Restitutionsansprüche des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), der Nachfolgeorganisation des ADGB, wahr. In der Bibliothek im Archiv der sozialen Demokratie der FES werden die restituierten Bücher langfristig aufbewahrt. Damit wird ein Stück Arbeiterbewegungsgeschichte dokumentiert. Vor 1933 hatte es schätzungsweise 2.500 Arbeiterbibliotheken gegeben. Nur wenige wurden nach der Zerstörung durch die Nationalsozialisten in der Nachkriegszeit wiederaufgebaut.

Der ADGB wurde am 5. Juli 1919 als Dachverband der freien Gewerkschaften in Nürnberg gegründet. Zu den Aufgaben der Ortsausschüsse gehörte die Koordination der Aktivitäten der Einzelgewerkschaften und übergeordnete Aufgaben wie etwa die Förderung des Bildungswesens und die Rechtsauskunft für Arbeiter*innen.


Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten wurden die freien Gewerkschaften und ihr Dachverband mit all seinen Untergliederungen am 2. Mai 1933 zerschlagen und ihr Vermögen beschlagnahmt. Unter dem Vorwand der Korruption und der Veruntreuung von „Arbeitergroschen“ hatten die Nationalsozialisten bereits zuvor eine öffentliche Hetzkampagne gegen die Gewerkschaften geführt. In der Folge wurden nicht nur Bankguthaben und Immobilien der Gewerkschaften eingezogen. Für das Gebiet Rheinland-Westfalen-Lippe ist dokumentiert, das auch Aktentaschen, Stempel, Abzeichen, Briefumschläge, Locher, Mitgliederlisten und Beitragsmarken von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden. Auch die Bibliotheken der Gewerkschaften wurden im gesamten Deutschen Reich beschlagnahmt und in der Regel an die Deutsche Arbeitsfront übergeben.

Der ADGB-Ortsauschuss Herford hatte sein Büro im sogenannten Volkshaus in der Bäckerstraße 35 gegenüber dem Alten Markt, der langjährige Vorsitzende war bis zu seinem Tod 1931 Hermann Quernheim. Ihm folgte der Gewerkschaftssekretär und SPD-Stadtverordnete August Niemeier. Der Ortsausschuss verfügte mit den anderen im Volkshaus ansässigen Einzelgewerkschaften über eine gemeinsame Bibliothek. Am 2. Mai 1933 besetzten die SA und die SS das Herforder Volkshaus und hissten dort die Hakenkreuzfahne. Vier Gewerkschaftsfunktionäre wurden verhaftet, zwei von ihnen wurden im Laufe des Tages wieder frei gelassen. Bereits am 30. Juni 1933 widmete die Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation im Beisein der örtlichen politischen Leiter der NSDAP, der SA und der SS das beschlagnahmte Volkshaus in einem Festakt in ein „Haus der Deutschen Arbeit“ um.

Die Stadtbibliothek kaufte die Bücher im November 1945 und im März 1946 von der hannoverschen Buchhandlung und dem Antiquariat Schmorl & v. Seefeld. Wie genau das Raubgut in den Besitz des Antiquariats kam, kann bisher nicht rekonstruiert werden.

Wir danken Christian Maiwald von der Bibliothek im Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung für die gute Kooperation.

Die restituierten Bücher des ADGB Ortsausschuß Herford in der Provenienzdatenbank Looted Cultural Assets:
Gewerkschaftliche Frauenzeitung. Erster Jahrgang. Berlin: Verlag der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands (C. Legien) 1916.
Francé-Harrar, Annie: Tier und Liebe. Geschichten von Unterdrückten und Verkannten. Berlin: Dietz Nachf. 1926.

 

Einer der Stempel des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbunds, Ortsausschuß Herford in der „Gewerkschaftlichen Frauenzeitung“. (© StB Hannover)

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