Dr. med. Johanna Maaß

Im März 2021 hat die Stadtbibliothek Hannover vier Bücher und fünf lose Exlibris aus dem Besitz von Johanna Maaß an ihre Erb*innen zurückgegeben.

Im März 2021 hat die Stadtbibliothek Hannover vier Bücher und fünf lose Exlibris aus dem Besitz von Johanna Maaß an ihre Erb*innen zurückgegeben.

Johanna Maaß, geboren 1873 in Königsberg, absolvierte ab 1899 in Berlin und Freiburg ein Studium der Medizin. Dieses schloss sie 1904 mit einer Promotion an der Universität Freiburg ab. Ab 1906 war sie, als eine der ersten Frauen im Deutschen Kaiserreich, als praktische Ärztin und Geburtshelferin in Berlin tätig. Von den Nationalsozialisten wurde Maaß als Jüdin verfolgt. 1938 wurde ihr die Approbation entzogen. Daraufhin zog sie gemeinsam mit ihrer Schwester Elisabeth (Lisbeth) (1875–1942) von Berlin nach Hannover. Dort lebte und arbeitete sie ab Oktober 1939 als „Krankenbehandlerin“ im jüdischen Altenheim der Minna-James-Heineman-Stiftung, das ihre jüngste Schwester Toni Glücksmann, geb. Maaß (1885–1942) leitete. Johanna Maaß starb am 5. Dezember 1940 in Hannover. Lisbeth Maaß und Toni Glücksmann wurden im Dezember 1941 in das Ghetto Riga deportiert und 1942 ermordet.

 

Links: Johanna Maaß und ihre Familie 1921. Von rechts im Uhrzeigersinn: Johanna Maaß, ihr Schwager Ludwig Hackel, ihre Schwestern Hedwig Hackel, geb. Maaß und Lisbeth Maaß sowie die Nichten Eva Hackel (später Guillery), Nina Hackel und Nora Hackel. Rechts: Johanna Maaß' jüngste Schwester Toni Glücksmann, geb. Maaß (1885–1942). (© Peter Guillery)


Johanna Maaß' Bücher und ihr übriger Besitz wurden vermutlich spätestens nach ihrem Tod von der Gestapo beschlagnahmt und gelangten so in das Archiv des NSDAP-Gaus Südhannover-Braunschweig. Die Stadtbibliothek nahm die Bände 1946 bzw. 1953 als „Geschenke“ unter der unverdächtig anmutenden Herkunftsangabe „Staatsarchiv Hannover“ in ihren Bestand auf. Der Zugangsweg der Exlibris ist nicht genau zu rekonstruieren. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass sie sich in ebenfalls vom NSDAP-Gauarchiv übernommenen Büchern befanden, die heute nicht mehr zu identifizieren sind.

Die Suche nach Erb*innen verlief trotz umfangreicher Recherchen lange Zeit erfolglos, da Johanna Maaß keine direkten Nachkommen hatte und keine überlebenden anderen Verwandten ausfindig gemacht werden konnten. So blieben zunächst nur die Dokumentation der Bücher und Exlibris in der Datenbank Looted Cultural Assets und eine Suchmeldung auf der Projektwebsite.

Im Herbst 2020 nahm der „Fall“ Johanna Maaß jedoch eine unverhoffte Wendung: Dank eines Hinweises von Doris Fürstenberg, die im Rahmen der Arbeit an einer Ausstellung zum Jugendamt Berlin-Prenzlauer Berg in der Weimarer Republik zu Maaß' Nichte Nora Hackel (1901–1993) recherchierte und dabei auf die Suchmeldung aufmerksam wurde, konnte Kontakt zu Maaß' Urgroßneffen Peter Guillery aufgenommen werden. Im Frühjahr 2021 wurden die Bücher und Exlibris seiner Urgroßtante dann an ihn restituiert.

Peter Guillery hat der Stadtbibliothek zahlreiche Informationen über Johanna Maaß und ihre Familie zur Verfügung gestellt. Dafür danken wir ihm sehr herzlich.

Die restituierten Objekte in der Provenienzdatenbank Looted Cultural Assets

 https://db.lootedculturalassets.de/index.php/Detail/entities/10298

Weiterführende Informationen

Eintrag zu Johanna Maaß in der Datenbank Ärztinnen im Kaiserreich:

https://geschichte.charite.de/aeik/biografie.php?ID=AEIK00571

 

 

Links: handschriftlicher Eintrag "Johanna Maaß. Weihnachten 98/99." Rechts: Exlibris Dr. Johanna Maass. (© StB Hannover)