Hanna Bertholet, geb. Grust

Im Mai 2019 hat die Stadtbibliothek Hannover zwei Bücher aus dem Eigentum von Hanna Bertholet, geb. Grust an deren Erb*innen zurückgegeben.
 
Es war die erste Restitution, die im Rahmen des Projekts 'Zweifelhafte Provenienzen im Bestand der Stadtbibliothek Hannover' realisiert werden konnte. Die Rückgabe erfolgte in Kooperation mit der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) Berlin, die in ihrem Bestand ebenfalls Objekte aus dem Eigentum von Bertholet und ihrem ersten Ehemann Alfred Fortmüller gefunden hat.
 
Johanne (Hanna) Grust, geboren 1901 in Hannover, war gelernte Sekretärin. Seit 1927 engagierte sie sich im Internationalen Sozialistischen Kampfbund (ISK). Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten floh Grust 1933 zunächst nach Paris, 1940 weiter in die Schweiz. Vom Exil aus setzte sie ihre antifaschistische Arbeit fort. Grusts erster Ehemann Alfred Fortmüller (1904–1943), ein aktives KPD-Mitglied, war 1929 in die USA ausgewandert. 1936 floh er von dort unter Androhung einer Auslieferung an das Deutsche Reich nach Mexiko, wo er u.a. Gründungsmitglied der Bewegung Freies Deutschland wurde. Nach Kriegsende kehrte Hanna Grust 1946 nach Deutschland zurück. Gemeinsam mit ihrem zweiten Ehemann René Bertholet (1907–1969) leitete sie die Verlage Öffentliches Leben und Europäische Verlagsanstalt. In den 1950er Jahren wanderten beide nach Brasilien aus, wo sie am Aufbau der Landkooperative Pindorama mitwirkten. Hanna Bertholet / Grust starb 1970 in Frankfurt am Main.
 
Die Stadtbibliothek hatte Grusts Bücher 1946 vermittelt über das Staatsarchiv Hannover aus Beständen des ehemaligen NSDAP-Gauarchivs Südhannover-Braunschweig übernommen. 
  

Die restituierten Bücher in der Provenienzdatenbank Looted Cultural Assets

Türmer-Jahrbuch 2. Stuttgart: Greiner & Pfeiffer 1903.
 
Türmer-Jahrbuch 3. Stuttgart: Greiner & Pfeiffer 1904.

Weiterführende Informationen

  • Zu Hanna Bertholets politischer Arbeit: Fuchs, Jenka: „…in gutem Glauben erworben“ – Die Stadtbibliothek Hannover und ihre zweifelhaften Erwerbungen in den Jahren 1933 bis 1955. Ein Projektbericht, in: Hannoversche Geschichtsblätter 75/2021, S. 210–229, hier S. 220 ff.
     
  • Zu den in der Zentral- und Landesbibliothek Berlin entdeckten Objekten: online abrufbar hier.
     
  • Zur von ZLB und Stadtbibliothek gemeinsam realisierten Rückgabe im Mai 2019:  
    Fuchs, Jenka: Spurensuche in der Stadtbibliothek Hannover. Forschungen zu NS-Raubgut in Erwerbungen nach 1945, in: O-Bib. Das offene Bibliotheksjournal 6 (2/2019), S. 1-16, hier S. 10-12, online abrufbar hier.

  

"Meinem Alfred in dem Wunsche, daß er oder wir einmal selbst erleben dürfen 'unser Russland'! Hanna. Am 30. Januar 1925". Widmung von Hanna Grust an Alfred Fortmüller. (Foto: Zentral- und Landesbibliothek Berlin)