Insekten beleben Moore

Pflanzenwelt im Moor

Scheidiges Wollgras

So speziell wie der Lebensraum Moor ist, so besonders ist auch seine Pflanzenwelt: einzigartig und speziell an einen nährstoffarmen, sauren Standort angepasst. Jedoch sind Moorlebensräume in Deutschland extrem selten gewordenen und deshalb viele der dort lebenden Arten bedroht.

Die folgenden Steckbriefe stellen eine Auswahl von Pflanzen vor, die im Toten Moor natürlich vorkommen und im Rahmen des Projekts InsMoor durch Maßnahmen gefördert werden. Alle Arten haben gemeinsam, dass sie im Hochmoor ihren Verbreitungsschwerpunkt haben. Es wird zudem erläutert, warum und für welche Insektenarten diese Pflanzenarten wichtig sind.

Torfmoose (Sphagnum spec).
Rote Liste Niedersachsen: fast alle Arten sind gefährdet.

 

Torfmoos

Ohne Torfmoose gibt es kein Hochmoor. Sie sind die Grundlage für den gesamten Lebensraum und für die Bildung von Torf. In den kleinflächigen Lebensräumen der feuchten Schlenken wachsen Torfmoosarten, die mit sehr nassen Bedingungen zurechtkommen, wie zum Beispiel das Spieß-Torfmoos (Sphagnum cuspidatum). Die trockeneren und höher gewachsenen „Bulte“ des Hochmoores entstehen, wenn Bulttorfmoose über den Wasserstand hinaus in die Höhe wachsen. Das nutzen auf diesen Lebensraum spezialisierte Ameisenarten und bauen in den Bulten ihre Nester. Arten wie das Warzige Torfmoos (Sphagnum papillosum) und das Mittlere Torfmoos (Sphagnum medium) sind zudem die Haupt-Torfbildner der Moore. Sie wachsen konstant nach oben weiter, während der untere Teil der Pflanzen abstirbt und vertorft. Dadurch kann über tausende von Jahren das Hochmoor meterdicke Torfschichten bilden, in denen – sofern sie nicht entwässert werden – auf diese Weise dauerhaft Kohlenstoff gebunden wird. Torfmoose sind also wahre Klimahelden. Zudem können sie bis zum 30-fachen ihres Eigengewichts an Wasser speichern, wie ein Schwamm. Damit geben Sie dem Torf und dem Moor die Eigenschaft, das ganze Jahr auch über Trockenperioden große Mengen an Wasser zu speichern. Das ist gut für die Eier und Larven vieler Insekten, die feuchte Bedingungen brauchen.

Wichtig für fast alle Moorinsekten:
• Kleine Mosaikjungfer (Leucorrhinia dubia)
• Weißlippen-Spornzikade (Delphacodes capnodes)
• Dunkelerzfarbener Schwarz-Tauchkäfer (Ilybius aenescens)
• Schwarzglänzende Moorameise (Formica picea)

Hochmoortypische Heidearten:

Moosbeere (Vaccinium oxycoccos)
Rote Liste Niedersachsen: Kategorie 3 (gefährdet)

Moosbeere

Die Moosbeere ist ein typischer, immergrüner Zwergstrauch der Hochmoore. Das Heidekrautgewächs überwächst Torfmoosbulte mit fadenförmigen, sich flach ausbreitenden Zweigen und wird nur 2 bis 4 cm hoch. Die rosafarbenen Blüten zeigen sich im Zeitraum zwischen Juni und August. Rund 18 Tage blüht jede Blüte der Moosbeere. Damit zählt die Blütezeit zu den längsten der heimischen Flora, wovon auch ihre Bestäuber wie Hummeln und Bienen profitieren. Nach der Blüte entstehen kugelige rote Beeren. 
Insekten finden bei der Moosbeere alles, was sie im Laufe ihres Lebens brauchen: Platz für Eier, Futter für die Larven und Nektar für die Erwachsenen. Leider hat die heimische Moosbeere einen größeren, sehr ernst zu nehmenden Konkurrenten: die eingeführte Amerikanische Moosbeere (Vaccinium macrocarpon), besser bekannt als Cranberry. Diese kann großflächig das Moor übernehmen und lässt keinen Platz für ihre kleinere Verwandte.

Wichtig für folgende Insektenarten:
• Hochmoor-Bläuling (Plebejus optilete)
• Hochmoor-Perlmutterfalter (Boloria aquilonaris)
• Heidelbeer-Sandbiene (Andrena lapponica)

Rosmarinheide (Andromeda polifolia)
Rote Liste Niedersachsen: Kategorie 3 (gefährdet)

Rosmarinheide

Die Rosmarinheide ist ein 15 bis 30 cm hoher immergrüner Zwergstrauch. Sie blüht früh im Jahr von Mai bis August. Das ist wichtig für Insekten, die auf Nektar angewiesen sind und ebenfalls frühzeitig im Jahr aktiv werden. Die rosafarbenen, hängenden und glockenförmigen Blüten bestreuen Insekten beim Anflug durch die Erschütterung mit ihrem Pollen, der dann zur Bestäubung auf die nächste besuchte Blüte derselben Art weitergetragen wird. 
Wie bei vielen anderen Moorheidepflanzen auch, helfen symbiontische Bodenpilze („Mykorrhiza“) an den Wurzeln der Rosmarinheide durch Stickstoffbindung aus der Luft auf den nährstoffarmen Moorböden zu gedeihen. Sie ist übrigens nicht mit dem Küchengewürz verwandt, nur die Blätter sehen ähnlich aus.

Wichtig für folgende Insektenarten:
• Grüner Zipfelfalter (Callophrys rubi)
• Hochmoor-Bodeneule (Coenophila subrosea)
• Mooshummel (Bombus muscorum)

Glockenheide (Erica tetralix)
Rote Liste Niedersachsen: Kategorie V (Vorwarnliste)

Glockenheide

Der Name Glockenheide spielt auf die glockenförmige Blütenform an. Besonders in Feuchtheiden, Mooren und lichten Moorwäldern kommt dieses Heidekrautgewächs vor. Sie ist eine der wichtigsten Blütenpflanzen für viele Insektenarten, die sie als Nektarpflanze nutzen. Der 15 bis 50 cm hohe Zwergstrauch blüht lange im Jahr zwischen Juni und September. Diese genügsame, an nährstoffarme Böden angepassten Pflanze hat ihren Verbreitungsschwerpunkt im Norden Deutschlands, wo sie die Hochmoore mit ihrem rosa Blütenteppich prägt.

Wichtig für folgende Insektenarten:
• Mooshummel (Bombus muscorum)
• Großes Wiesenvögelchen (Coenonympha tullia)
• Spiegelfleck-Dickkopffalter (Heteropterus morpheus)

Rauschbeere (Vaccinium uliginosum)
Rote Liste Niedersachsen: Kategorie 3 (gefährdet)

Der wissenschaftliche Artname der Rauschbeere „uliginosum“ bezieht sich auf den Wuchsort und bedeutet „sumpfliebend“. Tatsächlich ist auch diese zu den Heidekrautgewächsen gehörende Art in nassen bis leicht feuchten Moorwäldern und Zwergstrauchheiden zu finden. Die seltene Rauschbeere ist dabei leicht mit der Blaubeere (Vaccinium myrtillus) zu verwechseln, hat aber matt aussehende, bereifte Blätter und einen farblosen Beerensaft. Der 5 bis 100 cm hohe Zwergstrauch blüht mit rosa bis weißlichen Glockenblüten von Mai bis Juli. Sie ist damit bedeutsam für früh im Jahr fliegende Insekten, die sich von Nektar ernähren, wie etwa Hummeln. Sie ist aber auch als Nahrungspflanze für Schmetterlingsraupen wichtig. Berauschend ist wahrscheinlich aber nur ein auf der Pflanze wachsender Pilz, nicht die Beeren, die im Gegenteil vielfältige Heilwirkungen haben.

Wichtig für folgende Insektenarten:
• Heidehummel (Bombus jonellus)
• Kleines Nachtpfauenauge (Saturnia pavonia)
• Rauschbeerenspanner (Arichanna melanaria)
• Hochmoorgelbling (Colias palaeno)

Schwarze Krähenbeere (Empetrum nigrum)
Rote Liste Niedersachsen: nicht gefährdet

Krähenbeere

Früh, kurz und unscheinbar blüht die Krähenbeere nur im April und Mai. Da sie überwiegend vom Wind bestäubt wird, ist sie bei Insekten weniger für ihren Nektar, sondern eher als Futterpflanze besonders für Schmetterlingsraupen interessant. Wie viele andere Pflanzen an Extremstandorten auch, wirft sie ihre Blätter nicht jedes Jahr ab, da sie mit Mineralien und Nährstoffen sparsam umgehen muss. Der 15 bis 45 cm hohe Zwergstrauch kann mit über 80 Jahren außerdem außergewöhnlich alt werden.

Wichtig für folgende Insektenarten:
• Hochmoor-Bläuling (Plebejus optilete)

Besenheide (Calluna vulgaris)
Rote Liste Niedersachsen: nicht gefährdet

Besenheide

Ihrem Namen entsprechend wurden früher die längeren Zweige schon älterer, stärker verholzter Pflanzen als Besen gebunden. Die Besenheide ist vor allem aber eine der wichtigsten und produktivsten Blütenpflanzen im Moor. Sie bietet Bienen, Hummeln und Schmetterlingen spät im Jahr von August bis Oktober viel Nektar als Nahrung. Einer ihrer Inhaltsstoffe hilft Hummeln sogar gegen Darmparasiten. Auch Insekten haben Heilpflanzen! Der Zwergstrauch kann 30 bis 100 cm hoch werden und meidet die besonders nassen Bereiche im Hochmoor.

Wichtig für folgende Insektenarten:
• Heidehummel (Bombus jonellus)
• Heidekraut-Sandbiene (Andrena fuscipes)
• Argus-Bläuling (Plebejus argus)
• Hochmoor-Bodeneule (Coenophila subrosea)
• Grüner Moorheidespanner (Chlorissa viridata)

Hochmoortypische Gräser

Weißes Schnabelried (Rhynchospora alba)
Rote Liste Niedersachsen: Kategorie 3 (gefährdet)

Schnabelried

Das weiße Schnabelried ist ein Pioniergras auf ansonsten noch vegetationslosen Torfflächen und kann dort große Bestände ausbilden. Zeitweise Überschwemmung oder Austrocknung machen diesem Sauergras nichts aus. Die 15 bis 40 cm hohen Halme enden in einem weißlich bis braunen, trichterförmigen Blütenstand, einer sogenannten „Spirre“. Das Schabelried blüht zwischen Juli und August. Danach bildet sich eine Frucht, die als Nuss bezeichnet wird. An dieser Nuss sitzt eine Art „Schnabel“, was den Namen „Schnabelried“ erklärt. Der Pflanzensaft ist wichtige Nahrung für Zikaden, die auch Zirpen genannt werden.

Wichtig für folgende Insektenarten:
• Schnabelriedzirpe (Limotettix atricapillus)

Wollgräser (Eriophorum spec.)
Rote Liste Niedersachsen: Kategorie V (Vorwarnliste)

Schmalblättriges Wollgras

Die Hochmoore in Niedersachsen werden von zwei Wollgras-Arten geprägt. Mit ihren typischen weißen Puscheln – den Fruchtständen – sind sie die Pusteblumen der Moore. Die Wollhaare dienen den Samen als Flughilfe. Damit können sie auch weiter entfernte Bereiche besiedeln, häufig als Pionierart auf vegetationslosen Torfflächen. 
Während das Schmalblättrige Wollgras (Eriophorum angustifolium) durch Ausläufer einen Rasen bildet, wächst das Scheidige Wollgras (Eriophorum vaginatum) als dicker, runder Horst. Der Saft der Wollgras-Blätter schmeckt besonders einigen Zikaden gut. Von den etwa 450 Arten in Niedersachsen saugen einige wenige ausschließlich an Wollgräsern.

Wichtig für folgende Insektenarten:
• Moorkäferzikade (Ommatidiotus dissimilis)
• Baltische Moorzirpe (Cosmotettix panzeri)
• Großes Wiesenvögelchen (Coenonympha tullia)

Literatur

Aichele, D. & H. W. Schwegler (1998): Unsere Gräser. Süßgräser, Sauergräser, Binsen. Kosmos Verlag, Stuttgart, 216 S.

Christiansen, M. S. (1993): BLV Bestimmungsbuch. Gräser – Süßgräser, Sauergräser und Binsen Mittel- und Nordeuropas. BLV, München, 175 S.

Düll, R. & H. Kutzelnigg (2016): Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die wichtigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. Quelle & Meyer Verlag GmbH & Co, Wiebelsheim, 936 S.

Garve, E. (2004): Rote Liste und Florenliste der Farn- und Blütenpflanzen in Niedersachsen und Bremen. Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 24 (1), 76 S.

Hölzer, A. (2010): Die Torfmoose Südwestdeutschlands und der Nachbargebiete. Weissdorn-Verlag, Jena, 247 S.

Jäger, E. J. (2011): Rothmaler. Exkursionsflora von Deutschland. Gefäßpflanzen: Grundband. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 22. Auflage, 948 S.

Koperski, M. (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Moose in Niedersachsen und Bremen. Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 31 (3), 80 S.

Schauer, T., Caspari, C. & S. Caspari (2012): Die Pflanzen Mitteleuropas. Über 1500 Arten. BLV Buchverlag GmbH & Co. KG, München, 544 S
 

Das Projekt "Insekten beleben Moore" wird gefördert im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.