Projekt

Sichere Reifen dank Sensoren

Am Produktionstechnischen Zentrum der Leibniz Universität Hannover (PZH) werden drahtlose Sensoren direkt in Vollgummireifen integriert, um den Reifenzustand während der Fahrt zu überwachen. 

Super-Elastik-Reifen für Flurförderzeuge in Schnittansicht mit einem integrierten Transponder auf Glasfasergewebe.

Die Reifen eines Flurförderzeugs – eines Gabelstaplers etwa – sind in gewisser Weise dessen Achillesferse: Wenn mehr als eine Tonne Gewicht auf einem Vollgummireifen lastet und durch die Bewegung des Fahrzeugs der Reifen kontinuierlich verformt wird, dann können sich durch die in Wärme gewandelte Verformungsenergie im Innern des Reifens Temperaturen von bis zu 150 Grad Celsius entwickeln. Das Reifengummi dort verflüssigt sich und hält den Belastungen nicht mehr stand. Von außen ist das oft bis zuletzt nicht erkennbar, da das Reifenmaterial eine sehr schlechte Wärmeleitfähigkeit aufweist. Platzt ein solcher Reifen dann unverhofft in der Kurve, läuft verflüssigtes Gummi aus dem Inneren aus. Im schlimmsten Fall kippt das ganze Fahrzeug um und gefährdet Menschen. Aber selbst wenn es nur – immobil geworden – den Zugang zu Waren und Logistikflächen versperrt, ist der Schaden häufig immens.

Sensoren zur Überwachung

Steffen Kleinert vom Institut für Transport- und Automatisierungstechnik (ITA) am PZH der Fakultät für Maschinenbau der Leibniz Universität arbeitet in einem kürzlich gestarteten Forschungsprojekt an einer Lösung für dieses Problem. Die Idee ist simpel: Sensoren direkt im Reifen sollen Temperatur und Belastung messen und den Fahrer warnen, sobald die Werte den Normbereich verlassen, so dass dieser sein Fahrverhalten der Situation anpassen kann. Die Sensoren, die Steffen Kleinert für diese Anwendung nutzen wird, sind mit einem RF-Transponder verbunden. Ein elektromagnetisches Feld versorgt den Transponder mit Energie und überträgt die Messergebnisse. Das ist soweit etablierte Technik. "Die große Herausforderung dabei ist die Integration der Sensorik und Elektronik in den Vollgummireifen", erklärt Kleinert. Prof. Dr.-Ing. Ludger Overmeyer, Leiter des ITA, erläutert den Zusammenhang mit einem zentralen Forschungsvorhaben, das seit Jahren am Produktionstechnischen Zentrum der Leibniz Universität Hannover verfolgt wird: "Mit der Integration elektronischer Komponenten in die Reifen von Flurförderzeugen versetzen wir die Reifen in die Lage, sich selbst zu überwachen. Damit knüpfen wir an die Erfahrungen aus dem Sonderforschungsbereich 'Gentelligente Bauteile im Lebenszyklus' an."

Projektplanung

Eine Vorstudie hat das ITA bereits erfolgreich durchgeführt: "Zusammen mit unserem Partner Continental haben wir bereits einen Transponder in den Reifen integrieren können, der sich mit seiner Kennung meldet", schildert Kleinert die Ausgangslage für das aktuelle Vorhaben. Die Aufgabe ist jetzt die Auswahl und Integration der Sensorik, die zunächst natürlich die Reifenproduktion unbeschadet überstehen muss: Sie wird bei der Herstellung der Reifen zwischen die aufgewickelten Gummilagen eingelegt und bei hohem Druck und Temperaturen von etwa 140 Grad Celsius vulkanisiert. Auch eine permanent hohe Belastung bei Temperaturen bis zu 150 Grad, später im Reifen, müssen die Sensoren aushalten. Im Sommer 2016 soll das Projekt abgeschlossen sein. Dass die Ergebnisse marktkompatibel sein werden, dafür stehen die vielen industriellen Projektpartner, die das Vorhaben begleiten. Und dass der Bedarf da ist, darüber besteht Kleinerts Ansicht nach kein Zweifel: "Ganz abgesehen von Verletzten nach schweren Staplerunfällen: Selbst wenn ein Reifen und damit ein Fahrzeug plötzlich ausfällt und 'nur' als Hindernis irgendwo stehenbleibt, bekommt man es nur mit größerem Aufwand aus dem Weg. Und da steht dann schnell auch mal die Produktion still."

Das Projekt wird als IGF-Vorhaben 18066 n/1 der Forschungsvereinigung Intralogistik/Fördertechnik über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

(Veröffentlicht am 26. September 2014)