Die Medizinische Hochschule Hannover gründet gemeinsam mit dem Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung das "Centre for Individualised Infection Medicine".
Maßgeschneiderte Therapien für jeden Infektionspatienten zu finden: Das ist das langfristige Ziel des Zentrums für Individualisierte Infektionsmedizin ("Centre for Individualised Infection Medicine", CIIM), das am 3. Dezember seine Arbeit aufnehmen wird. Das CIIM ist eine gemeinsame Einrichtung des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Es wird unter der Leitung des MHH-Mediziners Prof. Michael P. Manns stehen, der seit dem 1. Oktober auch klinischer Direktor des HZI ist.
Individualisierte Medizin
Die individualisierte Medizin verfolgt den Ansatz, die Erfordernisse einzelner Patienten oder Patientengruppen stärker zu berücksichtigen und dadurch zu besseren Behandlungserfolgen zu gelangen. Systematische Diagnostik, gezielte Prävention und maßgeschneiderte Therapieverfahren sollen dies ermöglichen. Wichtigste Grundlage ist dabei die molekulare Analyse von Patientenmaterial: Sie hilft bei der "Stratifizierung" – der Unterteilung von Patienten in Gruppen, aus der sich spezifische Behandlungsoptionen ableiten.
Individuelle Gegebenheiten beeinflussen den Krankheitsverlauf bei Infektionskrankheiten erheblich: Patienten können je nach ihren genetischen und physiologischen Voraussetzungen, nach Alter, Vorerkrankungen oder Lebensweise sehr unterschiedlich auf Infektionen reagieren. Erreger wiederum weisen eine hohe Variabilität auf und können harmlosere oder gefährlichere Varianten hervorbringen. Als dritter Faktor spielt oft auch die individuelle Bakterienflora des Patienten, die so genannte Mikrobiota, eine nicht zu unterschätzende Rolle bei Infektions- und Abwehrprozessen. Hinzu kommt, dass Patienten höchst unterschiedlich auf antiinfektive Therapien ansprechen. Nicht selten variiert auch das individuelle Risiko von Fehl- beziehungsweise Nebenwirkungen.
Entwicklung personalisierter Ansätze für die Infektionsmedizin
Hier setzt das CIIM an: "Am CIIM wollen wir gezielt personalisierte Ansätze für die Infektionsmedizin entwickeln“, sagt MHH-Präsident Prof. Christopher Baum. „Wissenschaftler des HZI ebenso wie Forscher und Kliniker der MHH sollen hier zusammengeführt und vernetzt werden."
Themenschwerpunkte für die Forschung im CIIM
Als Themenschwerpunkte für die Forschung im CIIM sind unter anderem chronische Infektionen, etwa mit Hepatitis- und Herpesviren, sowie Infektionen von immungeschwächten Patienten vorgesehen. Auch für Magen-Darm-Infektionen und für Lungenerkrankungen wollen die Forscher individualisierte Ansätze entwickeln – beispielsweise um Risikopatienten für schwere Krankheitsverläufe zu identifizieren und somit eine entsprechende Therapie frühzeitig zu ermöglichen.
Neues Forschungsgebäude geplant
In der Anfangsphase wird das CIIM die bestehende Infrastruktur der Gründungseinrichtungen nutzen. Eine Dauerlösung soll das nicht sein: „Möglichst bald muss das CIIM in einem neuen Forschungsgebäude untergebracht werden“, erklärt der CIIM-Gründungsdirektor Manns. "Dafür gibt es bereits ein geeignetes Grundstück in Nachbarschaft zu Twincore und MHH."
Kristallisationspunkt für die Translationsmedizin in der Infektiologie
Dort sollen – neben international herausragenden Forschergruppen – auch von Hannover aus geleitete Netzwerke der Medizin mit Bezug zur Infektionsmedizin mit ihren Geschäftsstellen untergebracht werden, etwa die Deutsche Leberstiftung mit dem Kompetenznetz Hepatitis Hep-Net und das Kompetenznetz für erworbene Pneumonien CapNetz. Zudem ist geplant, die Forschungsaktivitäten des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) am Standort Hannover / Braunschweig im Forschungsgebäude des CIIM zusammenzuführen. "Neben den Forschungszielen hat auch die grundlagenwissenschaftliche Ausbildung von Infektionsmedizinern einen hohen Stellenwert im Gesamtkonzept des CIIM", sagt Manns. "Mit diesem Zentrum soll ein einzigartiger Kristallisationspunkt für die Translationsmedizin in der Infektiologie am Standort Hannover-Braunschweig mit überregionaler Strahlkraft entstehen."